10.11.2013 – Mitteldeutsche Zeitung

Naturschutz – Unesco-Reservat nebenan?

10.10.2013 19:35 Uhr
Der Luchs gehört im Gebiet des möglichen Biosphärenreservats im Landkreis Nordhausen in Thüringen zu den geschützten Arten. (BILD: MAIK SCHUMANN)

Von Helga Koch
Es wird geprüft, im Nachbarkreis Nordhausen ein Biosphärenreservat Karstlandschaft einzurichten. Es gibt Befürworter, Gegner – und viel Desinteresse.Die Aufklärungsarbeit lässt derzeit zu wünschen übrig.

SÜDHARZ/MZ. Während in Sachsen-Anhalt weiter verhandelt wird, um das Ja der Gemeinde Südharz zur Unesco-Anerkennung des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz zu erreichen, spielt das Thema nun auch in Thüringen eine Rolle. Zwar mit Zeitverzug. Denn laut Koalitionsvertrag von CDU und SPD sollte bis 2012 geprüft sein, wie die Chancen für ein solches Reservat in Thüringen stünden. Zuzeit befassen sich die Nordhäuser Kommunalpolitiker damit. Die Pläne, ein länderübergreifendes Reservat – sogar mit Niedersachsen – zu schaffen, stammen aus den 1990er Jahren.

Das Landratsamt Nordhausen hat jetzt einen Bericht dazu vorgelegt. Er zeigt neben einer ausführlichen Bestandsanalyse die Chancen für die Region auf, vergleicht die Argumente für und gegen das Reservat. Die 15-seitige Stellungnahme kommt zu dem Schluss, dass es einen „umfassenden gemeinsamen Meinungs- und Informationsaustausch zu den Vor- und Nachteilen eines Biosphärenreservats mit allen Interessengruppen der Region“ geben müsse. Detaillierte Pläne lägen aber noch nicht vor.

„Breite Beteiligung“ erforderlich“

In der Stellungnahme heißt es beispielsweise zur einmaligen Naturausstattung: „Das Biosphärenreservat kann zu einer Aufwertung der Region führen, wenn die gesamte Region und deren Entscheidungsträger von dem Konzept überzeugt sind und es gemeinsam mit den entsprechenden Inhalten/Projekten umsetzen.“ Speziell Direktvermarkter könnten von einem Reservat profitieren. So könnte der Fuhrpark des Trinkwasserversorgers entsprechend mit dem Markennamen ausgestattet werden, die Firma Nordbrand damit werben, dass sie Wasser aus firmeneigenen Brunnen aus dem Reservat entnimmt. Die Hopfenfelder in der Goldenen Aue würden vielleicht einen Aufschwung erleben und in der Region für die Produktion eines eigenen Bieres vermarktet werden. An anderer Stelle heißt es: „Die Verwaltung eines in der Region anerkannten und mit den Partnern vernetzten Biosphärenreservats könnte bei besserer finanzieller und personeller Ausstattung… für die Entwicklung des Tourismus mehr leisten als ein Naturpark.“

Letztlich müsse gewährleistet sein, dass ein Biosphärenreservat auch die mehrheitliche Zustimmung der unmittelbar betroffenen Bevölkerung findet. Denn eine Umsetzung der Aufgaben gegen den Willen der Betroffenen sei weder möglich noch sinnvoll, steht im Bericht. Daher sei eine „breite Beteiligung, Diskussion und Aufklärung bereits im Vorfeld“ einer möglichen Ausweisung mit allen Betroffenen erforderlich.

„Mehrheitlich eine mangelnde Akzeptanz“

Derzeit überwiege eine ablehnende Haltung zum Reservat, wegen unzureichender Aufklärungsarbeit würden Restriktionen befürchtet. Eine „umfassende Aufklärungsarbeit“ wäre nötig, setze jedoch die Bereitschaft aller Akteure voraus, „ sich eingehend und vorurteilsfrei mit dieser Problematik zu befassen“. Bisher sei das Thema „nur äußerst unzureichend beziehungsweise gar nicht“ diskutiert worden. Die Meinungen seien gespalten und einseitig. Bei den Menschen gebe es „mehrheitlich eine mangelnde Akzeptanz oder ungenügendes Interesse sowie unzureichende Informationen“.

Fazit: Sollte ausgelotet werden, wie die Chancen für ein Biosphärenreservat stehen, wäre „selbstverständlich mit Unterstützung sowohl der örtlichen als auch überregionalen landesübergreifenden Akteure und Verwaltungen ein entsprechender öffentlicher Diskussionsprozess anzustoßen und zu lenken.“ Das aber müsste inhaltlich detailliert geplant werden.

Und genau das wäre in Sachsen-Anhalt wohl auch ratsam gewesen.

Quelle: www.mz-web.de