21.03.2013 – Mitteldeutsche Zeitung

BIOSPHÄRENRESERVAT – BÜRGERMEISTER ALS BUHMANN

21.03.2013 19:13 Uhr
Karte Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz
Das Biosphärenreservat „Karstlandschaft Südharz“ ist eine Modellregion für nachhaltige Entwicklung.  (BILD: MZ)
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Von Kai Gauselmann und Jan-Ole Prasse.
Harsche Kritik erfolgte am Donnerstag an der Gemeinde Südharz im Magdeburger Landtag. Die Regierung wartet aber das Bürgerbegehren zum Unesco-Titel ab. Bürgermeister Ralf Rettig demonstriert Gelassenheit.
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MAGDEBURG/MZ. Ganz Mansfeld-Südharz will das Unesco-Biosphärenreservat. Ganz Mansfeld-Südharz? Nein: Eine kleine Gemeinde leistet Widerstand… So ungefähr, wie die Beschreibung Galliens in den Asterix-Comics, skizzierten die Redner im Landtag am Donnerstag die Situation nach dem umstrittenen Nein des Südharz-Gemeinderates zum Unesco-Biosphärenreservat. Nur, dass die widerspenstigen Südharzer quer über alle Fraktionsgrenzen hinweg nicht als Helden gesehen wurden. Der CDU-Abgeordnete Thomas Leimbach etwa beklagte „Vorurteile, Mutmaßungen und Spekulationen“. Das Land habe sich dem „erpresserischen Potenzial einer einzelnen Gemeinde soweit gebeugt, wie es möglich war“, so Leimbach.

Wer erwartet hatte, dass sich der Landtag über das Votum des Gemeinderates hinwegsetzt und den prestigeträchtigen Unesco-Titel bewirbt, wurde enttäuscht. Das Parlament beschloss zwar einstimmig, dass die Regierung die Unesco-Anerkennung als Ziel weiterverfolgen solle. Konkrete Folgen hat das aber zunächst nicht. Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) sagte: „Der Ball liegt jetzt vor Ort, dort müssen die Entscheidungen getroffen werden.“ Das Aktionsbündnis für das Reservat wolle mit einem Bürgerbegehren den Gemeinderat zu einer erneuten Befassung zwingen. Das werde das Land erstmal abwarten. „Ein positives Votum der Gemeinde ist über die Bürgerschaft herstellbar“, sagte Aeikens. Er wünschte dem Aktionsbündnis dafür schlicht: „Viel Glück!“

Mangels eigener Initiative geriet die Debatte am Donnerstag vor allem zu einer Abrechnung mit dem Südharzer Rat. „Bis über die Landesgrenzen hinaus sorgt diese Entscheidung für Unverständnis“, sagte Aeikens. Das Land sei der Gemeinde in Verhandlungen „soweit irgend möglich“ entgegen gekommen. Woran eine Einigung gescheitert ist? „Es gibt Leute, die wollen sich nicht überzeugen lassen“, sagte Aeikens. Auch wenn der Minister keinen Namen nannte, war klar, wen er meinte: Bürgermeister Ralf Rettig (CDU). Er und Aeikens hatten verhandelt. Laut einem Ministeriumssprecher hat Rettig dabei die Garantie verlangt, dass der Gemeinde keinerlei wirtschaftliche Nachteile entstehen. Das habe man aber nicht so pauschal und für nachfolgende Landesregierungen bindend zusagen können.

Der Umwelt-Experte der Linken, André Lüderitz, sprach von Rettig als „sehr uneinsichtigem CDU-Bürgermeister“ und warf ihm eine „unzureichende Information der Gemeinderatsmitglieder“ vor. Die SPD-Abgeordnete Nadine Hampel versicherte, die meisten Bewohner der Region wollten den Unesco-Titel. „Es gibt deutlich mehr Befürworter als Gegner – auch in Südharz.“ Der Grünen-Umweltexperte Dietmar Weihrich warb damit, dass der Status die Region in eine Reihe Stelle mit den Rocky Mountains und den Hawaii-Inseln.

All dies, die Kritik und das Locken, erlebte Bürgermeister Rettig auf der Besuchertribüne des Parlaments. Er schob den schwarzen Peter zurück. Eine Einigung sei am Minister gescheitert. Von der Debatte und einem möglichen Bürgerbegehren gab sich Rettig unbeeindruckt: „Das Thema ist jetzt erstmal abgeschlossen.“

Quelle: www.mz-web.de