Unesco-Welterbe
Entscheidung über Welterbe-Antrag hängt am Gemeinderat
Naturgemäß prallten die Argumente im Roßlaer Bürgerhaus heftig aufeinander. Es wurde geworben und abgelehnt, es wurden Zahlen ins Gespräch geworfen und widerlegt, Hoffnungen und Befürchtungen laut, sachlich oder voller Emotionen. Doch bei allem Für und Wider: Die Vereinbarung zwischen der Gemeinde und dem Umweltministerium, um die Südharz-Bürgermeister Ralf Rettig (CDU) seit Jahren kämpft, scheint fast unter Dach und Fach zu sein. Auch dank der Anwälte, die sich auf beiden Seiten über Monate hinweg gemüht haben. Wie Sachsen-Anhalts Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) einräumte, sei dies „ein einzigartiges Verfahren, dass wir hier einer Kommune so entgegen kommen. Wir wollen, dass die Region prosperiert. Und wir wollen, dass die Holzwirtschaft prosperiert… Es geht darum, dass die Kinder und Enkel hier eine bessere Zukunft haben.“
Bedenken der Waldbesitzer
Dem stimmte Marlies Schneeberg (CDU), Bürgermeisterin von Berga, zu. In Berga seien rund 1 000 Arbeitsplätze im produzierenden Bereich entstanden. „Wir haben noch nie ein Zugeständnis bekommen und sogar eine Million Euro an die Treuhand nachgezahlt. Wir kämpfen für das Gewerbe und die Wirtschaft. Aber wir brauchen auch die Kultur und die Natur, und die Natur braucht uns.“
Dass die Natur gebraucht werde, bekräftigte auch Edgar Herröder von der Firma Anteholz – freilich aus der Sicht eines Unternehmens, das ständig auf Nachschub an Holz angewiesen ist. Franz zu Salm-Salm, Vorsitzender des Landeswaldbesitzerverbandes, rügte, das Land verzichte auf eine Einnahme von 2,2 Millionen Euro, indem 900 Hektar Wald in der Kernzone nicht bewirtschaftet würden. Solle es etwas mit dem Bio-Ökonomie-Zentrum werden, wo solle das Holz herkommen, fragte der Forst-Experte. Auch Jörg von Beyme lehnte den Unesco-Antrag ab: „Wir brauchen kein Biosphärenreservat.“ Trotz positiv klingender Versprechungen habe er Bedenken.
Knauf-Werkleiter André Materlik sagte: „Ein Biosphärenreservat nach den Kriterien der Unesco, da kann man eigentlich gar nichts dagegen haben. So nah an einem Kompromiss waren wir noch nie.“ Seitens der Industrie- und Handelskammer bot der Sangerhäuser Geschäftsstellenleiter Frank Lehmann Unterstützung an: um einen Kompromiss zu finden, der allen Nutzen bringt. Bernd Jödecke aus Questenberg, einer der wenigen anwesenden Gemeinderäte, warf ein wichtiges Argument in die Runde: nämlich nicht die Menschen zu vergessen, die im Südharz leben.
Konsequenzen zu bedenken
Die Vereinbarung, um die Ministerium und Gemeinde ringen, sei aus seiner Sicht unterschriftsreif, so Minister Aeikens. Es gebe jedoch „Grenzen für Dinge, die ein Minister unterschreiben kann“. Etwa, wenn es EU- oder Bundesrecht betreffe. Und eine Vollkasko-Versicherung, rief jemand dazwischen, gebe es für die Gemeinde nicht.
Clemens Ritter von Kempski aus Stolberg bekannte: „Ich sitze zwischen den Stühlen.“ Er wisse nicht, wie der Gemeinderat entscheide. Vielleicht gelinge es ja doch bis zum 27. Februar, ein Ergebnis zu erzielen.
Sollte Südharz aber den Unesco-Antrag ablehnen und an der 2009 von Rottleberode erhobenen Klage gegen die Allgemeinverfügung zum Reservat festhalten, hätte es Konsequenzen. Das müsse man wissen, hatte Schröder eingangs gemahnt: Der Naturschutz-Status bleibt. Ob weiter Fördermittel fließen wie bisher, als es ums Biosphärenreservat ging, sei offen. Und 600 000 Euro stellt das Land jährlich für die Reservatsverwaltung bereit. Andere Anwesende grübelten beim Rausgehen: Dann würde es wohl auch nichts mit der neuen Drehleiter und dem Bau der Rottleberöder Ortsdurchfahrt.
Quelle: www.mz-web.de